Der andere Sieger by Martin Cruz Smith

Der andere Sieger by Martin Cruz Smith

Autor:Martin Cruz Smith [Smith, Martin Cruz]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-07-01T04:00:00+00:00


Miles zog in mäßigem Tempo den Tongue River hinab und hielt nach They Fear His Horses Ausschau. Unterwegs feierte man Weihnachten und Neujahr mit doppelten Fleischrationen, zu denen sich auf geheimnisvolle Weise auch etwas Whisky gesellte. Am 8. Januar lagerte die Armee auf einem von den Wolf Mountains umgebenen Plateau. Ringsum erhoben sich niedrige Bergrücken mit kahlen Bäumen, die wie in den Schnee gezeichnet wirkten. Während sich zwischen den Zelten eine festtägliche Kameradschaft ausbreitete, spazierte der General mit ein paar Reportern zwischen den Planwagen umher. Die Dämmerung ging in eine pechschwarze Nacht über, die von diamantklaren Sternen kaum erhellt wurde.

Ein paar dieser Sterne schienen dicht über einer Bergspitze aufzublitzen.

»Ein Komet?« meinte einer der Reporter.

»Mündungsfeuer«, stellte Miles ohne jeden Zweifel fest. Dann hörten sie in der Ferne das Dröhnen von Geschützen, und mitten unter den sich ausruhenden Soldaten schlug ein Geschoß ein.

»Die Indianer haben Kanonen?« fragte der Mann von der World. Ihm stand der Mund offen.

Miles antwortete nicht. Er rannte durch den Schnee zu seinem Zelt, während weitere Geschosse im Lager einschlugen. Er sah auf den Bergen auf der anderen Seite des Lagers weitere Blitze. Ein Pferd samt Reiter wurde zehn Meter neben ihm zerrissen. Weiter hinten traf eine Kugel den Munitionswagen, unter den sich die Korrespondenten geduckt hatten.

Die Stabsoffiziere warteten beim Generalszelt, vor Angst alle wieder völlig nüchtern. »Major, wissen Sie, wo diese Geschütze stehen? Haben Sie das Mündungsfeuer beobachtet? Dann holen Sie sich hundert Mann, teilen Sie sie in Kommandos auf, und vernichten Sie diese Batterien. Nehmen Sie niemand sonst mit. Falls es ein Hinterhalt ist, möchte ich keine unnötigen Verluste haben«, befahl Miles.

Er ließ alle Lagerfeuer sofort löschen. Die Planwagen rumpelten über die Überreste der getroffenen Wagen und suchten neue Positionen. Die Pferde wurden um die Männer aufgestellt, die nicht mehr laufen konnten. Das Plateau war schnell in völlige Dunkelheit getaucht. Die Howitzer stellten das Feuer ein, aber der Major und seine hundert Mann kehrten nicht zurück.

Die Dämmerung war eine graue, trostlose Angelegenheit. Die Soldaten zitterten in eisüberkrusteten Büffelmänteln. Das Tageslicht zeigte das volle Ausmaß der Zerstörungen, die von den über dreißig Geschossen des nächtlichen Angriffs hinterlassen worden waren.

Die Dämmerung brachte auch weiteren Beschuß durch einen soliden Ring von Kanonen, der das Camp eingeschlossen hatte. Miles nickte in seinem Feldstuhl, den Mantel bis an die Nase gezogen. »Ja, ja. Haben uns reinreißen lassen. Dachte, sie wären vor uns weggelaufen.« Rauchfahnen stiegen aus dem Schnee auf. Es war keine Sonne zu sehen, nur ein helleres Grau am Himmel. Die Stabsoffiziere umstanden seinen Stuhl wie schlaflose Zauberlehrlinge. Die Männer, die in der Nähe überall auf dem Bauch lagen, hielten erwartungsvoll das Generalszelt im Auge.

»Sir, meinen Sie nicht, wir sollten anfangen, Schützengräben auszuheben?« erkundigte sich ein Captain.

»Damit verschwenden wir nur unseren Atem an einem so harten Tag wie dem heutigen«, erwiderte Miles. »Sie haben uns festgenagelt und machen uns ein, Jungs, das muß man anerkennen. Man muß es anerkennen, aber man muß ihnen nicht auch noch dabei helfen. Diese Gräben wären mit Sicherheit unsere Gräber. Was ist das nächste Fort?«

»Laramie, Sir.«

Miles



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